Angesparte Zeit für Pflegesituation nutzen

    Egal ob plötzlich eingetreten oder absehbar in Zukunft – benötigen Deine Angehörigen Deine Unterstützung in Form von aktiver Pflege, Hilfe im Haushalt oder für den ganzen Papierkram, erfordert dies in der Regel viel zeitlichen Aufwand Deinerseits. Damit Du nicht zu große berufliche und finanzielle Einschränkungen auf Dich nehmen musst kann unter Umständen ein Lebensarbeitszeitkonto oder ein Sabbatical hilfreich sein – wir geben Dir einen Überblick und wichtige Tipps.

    Wenn Urlaub und Freistellung nicht mehr ausreichen

    Unterstützt und pflegst Du Deine Angehörigen ist dies in der Regel ein zeitlicher Aufwand, den Du neben Deinem Berufs- und Privatleben zusätzlich leistest.

    Dies geschieht entweder außerhalb Deiner Arbeitszeit, durch Freistellung von Deinem Beruf oder innerhalb Deines Urlaubs. Weiterhin genießt Du je nach Pflegesituation u. -grad ggf. die Möglichkeit weiterer Freistellungs- u. Unterstützungsleistungen.

    Noch unentschieden? Wir haben die verschiedenen Freistellungs- und Unterstützungsleistungen für Dich in dem Übersichtsartikel “Vorhandene Angebote Deines Unternehmens nutzen” zusammengestellt.

    Jedoch kommst Du vielleicht irgendwann an einen Punkt, wo die Freistellung bzw. Urlaubstage nicht mehr ausreichen und Du mehr Zeit benötigst. Hier kann die Nutzung Deines Lebensarbeitszeitkontos in Form von Freistellung oder ein Sabbatical eine Lösung sein.

    Was ist das Lebensarbeitszeitkonto?

    Im Lebensarbeitszeitkonto (kurz LAZ oder auch Wertguthaben genannt) sparst Du Gehalt bzw. Arbeitszeit aus zum Beispiel Sonderzahlungen (Urlaubs-, Weihnachtsgeld, Tantiemen, Bonus), Überstunden, eigenen Beiträgen oder nicht genommenen Urlaubstagen an. Diese werden mit einem garantierten Zinssatz verzinst und können von Dir in Absprache mit Deinem Arbeitgeber zum Beispiel für Situationen wie Pflege der Angehörigen, Weiterbildungen o. auch dem Vorruhestand genutzt werden. Das Konto wird immer in Form von „Geldguthaben“ geführt und ist somit mit einem Sparkonto zu vergleichen.

    Du erhältst während Deiner beruflichen Auszeit aus deinen angesparten Mitteln eine monatliche Rückzahlung und kannst Dich so voll auf deine Pflegesituation konzentrieren.

    Ein großer Vorteil ist, dass Du somit während Deiner beruflichen Auszeit weiterhin voll im Angestelltenverhältnis bleibst und als Lohn Deine angesparten Beiträge erhältst – somit bleibst Du auch durchgehend kranken- und pflegeversichert.

    Funktionsweise

    Die eingezahlten Beiträge werden direkt von Deinem Bruttogehalt abgezogen und sind somit nicht von Steuern und anderen Sozialabgaben / Versicherungen betroffen. Dies erfolgt erst bei der Inanspruchnahme der Mittel aus dem Konto (z.B. Pflegesituation, Sabbatical, Vorruhestand). Du hast in Absprache mit Deinem Arbeitgeber die Möglichkeit, aus dem vorhandenen Guthaben Deine Arbeitszeit zu reduzieren (so ist z.B. eine Teilzeitarbeit möglich) oder für einen bestimmten Zeitraum ganz auszusetzen (z.B. mehrere Wochen oder Monate).

    Die angesparten Guthaben werden durch Deinen Arbeitgeber gemeinsam mit z.B. einer Versicherung oder Pensionsfonds für Dich angelegt und verzinst. Je nach Ausgestaltung der Kooperation kann die Anlage in unterschiedliche Anlageklassen erfolgen, um Dein Geld gewinnbringender anzulegen – die eingezahlten Beiträge (Nominalbeiträge) müssen von Deinem Arbeitgeber garantiert werden und unterliegen zudem einem besonderen Insolvenzschutz, so dass im Falle einer Insolvenz deines Arbeitgebers Deine Ansprüche erhalten bleiben.

    Auch im Falle eines Arbeitgeberwechsels kannst Du das Guthaben in der Regel auf die neue Arbeitsstelle (Zustimmung des neuen Arbeitgebers ist hier notwendig) oder an die Deutsche Rentenversicherung (hierfür muss ein Mindestbetrag in Höhe von 19.740 Euro – Stand 2022 – erreicht sein). Sollte dies nicht möglich sein oder Deine neue Arbeitsstelle dies nicht mehr anbieten, wird das Wertguthaben an Dich ausgezahlt und unterliegt dann der vollen Besteuerung.  

    Solltest Du von Deiner Arbeitsstelle die Möglichkeit haben, ein Lebensarbeitszeitkonto zu nutzen, wirst Du mindestens einmal jährlich über die Höhe der angesparten Guthaben schriftlich informiert und hast so die Möglichkeit individuell auf Deine persönliche Pflegesituation zu reagieren.

    Im Falle einer Inanspruchnahme Deines Lebensarbeitszeitkonto kannst Du Dir zum Beispiel für einen Zeitraum von 6 Monaten Geld aus diesem Konto auszahlen lassen. Die Höhe der Auszahlungen richtet sich dabei nach dem im vorherigen Kalenderjahr relevanten Bruttomonatsgehalt (sogenannte Angemessenheitsgrenze). Diese Grenze beläuft sich im Korridor von 70 und 130 Prozent des Gehalts minus der regelmäßig eingezahlten Beiträge. Beispiel:

    Monatliches Bruttogehalt: 3.000 Euro – 500 Euro feste monatliche Einzahlung = 2.500 Euro Angemessenheitsgrenze (hiervon zwischen 70 und 130 Prozent monatliche Auszahlung).

    Gut zu wissen: Nimmst Du in einem Jahr weniger als 6 Monate frei, reduziert sich hierdurch Dein Urlaubsanspruch nicht – bei mehr als 6 Monaten wird der Anspruch voll reduziert (Kürzung um je 1/12 pro Monat der Freistellung). Nimmst Du ein ganzes Jahr frei, hast Du somit keinen Anspruch auf Urlaub (auch nicht auf eine Übertragung ins Folgejahr).

    Anspruch auf LAZ

    Um ein Lebensarbeitszeitkonto zu nutzen bzw. einzurichten, ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Dir und Deinem Arbeitgeber notwendig.

    Anspruch auf ein solches Konto haben grundsätzlich alle unbefristet beschäftigen Personen in einem Unternehmen – jedoch gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf die Einrichtung eines solchen Kontos – dies obliegt jeder Arbeitsstelle selbst, kann aber durch einen Tarifvertrag o.ä. geregelt sein.

    Abgrenzung zum Sabbatical

    Dir ist der Begriff Sabbatical bzw. Sabbatjahr gegebenenfalls schon in einem anderen Kontext untergekommen. Hierbei handelt es sich um eine unbezahlte Freistellung durch Deine Arbeitsstelle. Diese Form der Freistellung wird in der Regel für eine Weiterbildung, Auszeit oder berufliche Neuorientierung verwendet – natürlich ist hier auch die Pflege Deiner Angehörigen möglich. Das Sabbatical wird somit häufig durch das Lebensarbeitszeitkonto finanziert – Du bleibst während deiner Auszeit im Unternehmen beschäftigt und bekommst aus Deinen angesparten Guthaben monatliche Bezüge.

    Es kommt auf Deine Arbeitsstelle und Deine individuelle Situation an

    Wie Du siehst, kann das Lebensarbeitszeitkonto eine sinnvolle Lösung für Deine Pflegesituation sein. Jedoch benötigst Du in der Regel einige Monate oder Jahre Vorlaufzeit, um genügend Geld im Konto angespart zu haben. Weiterhin ist die Zustimmung Deines Unternehmens nötig und Du hast keinen gesetzlichen Anspruch auf diese Möglichkeit. Die individuellen Besonderheiten, auch ein eventueller finanzieller Zuschuss Deiner Arbeitsstelle, prüfst Du am besten im direkten Gespräch.


    Aktualisiert am: 23.03.2023