Altersdepression: Symptome erkennen und helfen

Viel zu oft werden Altersdepressionen nicht erkannt und diagnostiziert: Dabei lassen sich die Symptome mit Medikamenten und Psychotherapie häufig gut behandeln. Für Dich als pflegender Angehöriger kann es belastend sein, wenn Du bemerkst, dass ein geliebter Mensch mit schwindendem Lebenswillen zu kämpfen hat. Dieser Leitfaden soll Dir helfen, die Anzeichen einer Altersdepression besser zu verstehen und Deinem Angehörigen Unterstützung zu bieten.
Altersdepressionen: Nicht selten, aber häufig unerkannt
Nach ärztlichen Schätzungen ist etwa jede dritte Person über 65 Jahren von einer Depression betroffen. Damit gehört diese Krankheit neben Demenz zu den häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter. Frauen sind durchschnittlich doppelt so häufig von der Krankheit betroffen wie Männer. Bei ihnen zeigen sich starke emotionale Symptome, wohingegen bei Männern häufig zuerst die körperlichen Beschwerden erkannt werden.
Altersdepressionen sind mit Medikamenten und Psychotherapie häufig erfolgreich behandelbar. Die geistige und körperliche Aktivierung zum Beispiel mit Musik-, Ergo- oder Bewegungstherapie unterstützt den Behandlungserfolg. Doch weit mehr als die Hälfte der Altersdepressionen werden gar nicht erst erkannt und untersucht.
Warum sind Altersdepressionen so schwer zu erkennen?
Dass Altersdepressionen häufig nicht diagnostiziert werden, liegt auch an den typischen Symptomen bei älteren Betroffenen: Meist äußert sich die Depression nicht nur durch eine trübe Stimmung und Antriebslosigkeit. Bei älteren Erkrankten kommen im Vergleich zu jüngeren Depressiven häufiger auch körperliche Symptome hinzu.
Diese werden vom medizinischem Personal oft als vorrangiges Problem behandelt, ohne eine Depression als Ursache zu vermuten. Auch das direkte Umfeld des Betroffenen kommt meist nicht auf die Idee, dass die betroffene Person depressiv sein könnte. Die Depression tarnt sich als “typische Altersschwäche”.

Mögliche Symptome einer Altersdepression
- Interessenverlust an Tätigkeiten, die früher Freude bereitet haben
- Rückzug in die eigenen vier Wände, Vermeiden von sozialen Kontakten
- Niedergeschlagenheit, Energielosigkeit oder Schlafstörungen
- Vermeidung von anstehenden Aufgaben und Entscheidungen
- Vernachlässigung des Haushalts, der Körperhygiene oder eigenen Ernährung
- Gefühl der Wertlosigkeit oder des „Zur-Last-Fallens“
- Häufige Grübeleien über den Tod, eventuell sogar Suizidgedanken
- Schmerzen, für die sich keine körperliche Ursache finden lässt
Ähnlichkeiten zu Demenz
Hinzu kommt, dass sich die beiden Erkrankungen Depression und Demenz sehr ähnlich sind. Eine korrekte Diagnose ist daher für Laien nicht einfach. In beiden Fällen ist ärztlicher Rat einzuholen.
Im Anfangsstadium einer Demenz treten häufig depressive Symptome wie Gereiztheit, Traurigkeit oder Interessenlosigkeit auf. Betroffene zeigen eine stärkere Ausprägung von Orientierungslosigkeit und beantworten Fragen häufig mit “ich weiß nicht”. Es ist typisch für Demenzerkrankte, ihre Krankheit zu leugnen und sich nicht aktiv darüber zu beklagen.
Depressive hingegen antworten auf Fragen eher mit „ich kann nicht“ und beklagen sich stärker darüber, dass sie „nichts mehr wissen“. Das Denken fühlt sich oftmals gehemmt, aber nicht verwirrt an.
Wie gehe ich als Angehöriger mit einer Depression um?
Als Angehöriger kannst Du den Betroffenen nicht heilen. Wichtig ist, eine Depression als Erkrankung wie jede andere auch anzusehen und deinen Angehörigen bei der Behandlung zu unterstützen. Suche aktiv das Gespräch und hilf ihm, die Krankheit selbst als solche anzusehen.
Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Psychiater und Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, empfiehlt das Gespräch mit einer Ich-Botschaft zu beginnen: „Ich würde ein Gespräch damit beginnen, dass ich gemerkt habe, dass es dem älteren Menschen nicht gut geht und ich mir Sorgen mache. Dann würde ich konkret vorschlagen, zum Arzt zu gehen und das einmal abklären zu lassen.“
Der erste Ansprechpartner kann der Hausarzt sein, der bei Bedarf an einen Psychiater überweist. Unterstütze Deinen Angehörigen bei der Organisation des Termins, begleite ihn auf Wunsch in die Praxis und stehe ihm auch danach mit Geduld und Verständnis motivierend zur Seite: So kannst du ihm helfen, die Behandlung konsequent durchzuführen.
Sofortmaßnahmen bei Verdacht auf Altersdepression:
Hilfe zur Selbsthilfe: Wann halte ich mich besser zurück?
In manchen Fällen musst Du abwägen, welche Tätigkeiten Du Deinem depressiven Angehörigen abnehmen solltest und welche nicht: Denn manchmal könnte es besser sein, ihn stattdessen selbst zum Aktivwerden anzuregen. Einerseits möchtest du ihn so gut wie möglich unterstützen. Doch hilfst Du zu viel, kann es passieren, dass Dein Angehöriger buchstäblich aus der Übung kommt. Er traut sich dann immer weniger zu und seine Lebensqualität wird zunehmend eingeschränkt. Diese Abwärtsspirale nennen Psychologen „erlernte Hilflosigkeit“.

Wichtige Anlaufstellen bei einer Depression
Fazit: Wenn du das Gefühl hast, dass Dein Angehöriger von einer Altersdepression betroffen sein könnte, zögere nicht, ihm einen Arztbesuch zu empfehlen. Die erste Anlaufstelle sind in der Regel der Hausarzt oder die Hausärztin. Dein Angehöriger wird von ihnen an einen Facharzt überwiesen. Bei der Suche nach einem geeigneten Therapeuten können folgende Quellen hilfreich sein:
- Die Website der Psychotherapeutenkammer des jeweiligen Bundeslandes
- Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen
- Listen mit lokalen Psychotherapeuten, die von den Krankenkassen herausgegeben werden
- Die Beratung durch den Psychotherapie-Informationsdienst (PID) unter www.psychotherapiesuche.de
Bei akuten Notfällen oder gar Suizidgedanken können ebenfalls die Ambulanzen psychiatrischer Kliniken aufgesucht werden.
Du siehst: Eine Altersdepression kann zwar eine große Herausforderung darstellen. Doch ihr seid in dieser Situation nicht alleine. Es gibt eine Vielzahl medizinischer Angebote und Unterstützungen, die euch helfen werden, mit der Erkrankung besser zurechtzukommen.
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Aktualisiert am: 21.03.2025